Libanon-Einsatz – Bundesheer: „Planen mit schlechtestem Szenario“
Der zuletzt schwelende Konflikt zwischen Israel und den Hisbollah-Milizen im Libanon hat sich schlagartig entzündet: Nach Tausenden Pager-Explosionen und schweren Luftschlägen Israels im Süden Libanons übt auch die Hisbollah Vergeltungsschläge, zuletzt auf Tel Aviv. Im Süden des Libanon sind derzeit auch knapp 170 Soldaten des Bundesheeres im Rahmen der UN-Mission UNIFIL eingesetzt. Ihr Kommandant Peter Ertl beschreibt im „Krone“-Interview die angespannte Lage im Camp.
Es sind Soldaten aus ganz Österreich, die im Camp Naqoura im Südwesten des Libanons, direkt am Meer, derzeit ihren Dienst versehen: Kameraden aller Altersschichten, Berufs- und Milizsoldaten, auch sieben Frauen sind darunter. Seit 2011 beteiligt sich Österreich mit einem Kontingent von rund 170 Soldaten an der UNIFIL-Mission der Vereinten Nationen. Ihr Kommandant ist seit über einem Jahr Oberstleutnant Peter Ertl. Herr Ertl, wie geht es Ihnen und Ihren Kameraden angesichts des eskalierenden Konflikts?Peter Ertl: Die Stimmung innerhalb des Kontingentes ist angespannt, aber gut. Seit knapp einem Jahr hat sich die Ausgangslage drastisch verändert. Intern ist der Zusammenhalt der Truppe dadurch aber gewachsen, wir sind uns der aktuellen Sicherheitslage sehr bewusst und erfüllen unsere Aufträge. Wie sind die Entwicklungen in der Region seit dem Hamas-Angriff vom 7. Oktober im Camp spürbar?Die „Walking-out“ Policy der UN wurde stark eingeschränkt. Erholungsfahrten, Besuche kultureller Stätten und ähnliches sind verboten. Das Leben findet hauptsächlich in den Camps statt. Lediglich zur Auftragserfüllung darf das Camp unter strengsten Sicherheitsmaßnahmen verlassen werden. Seit den spektakulären Pager-Explosionen im Libanon ist von Chaos und großflächiger Panik zu lesen. Können Sie das bestätigen? Wie würden Sie die Auswirkungen beschreiben?Ja, die Explosion der Kommunikationsmittel hat tatsächlich Panik und Verunsicherung vor allem innerhalb der Zivilbevölkerung ausgelöst. Seit Anfang Oktober letzten Jahres versuchen beide Konfliktparteien mit verschiedensten Aktionen, die Bevölkerung in Israel und im Libanon zu beeinflussen. Dabei kommt es zu Verunsicherung und Angst.Wie realistisch ist eine israelische Bodenoffensive? Was würde das für Ihre Mission bedeuten?In den letzten Monaten wurden die gegenseitigen Angriffe intensiviert. Beide Konfliktparteien versuchen, der Gegenseite großen Schaden zuzufügen. Eine groß angelegte Bodenoffensive ist aus heutiger Sicht nicht unmittelbar zu erwarten, kann aber nicht ausgeschlossen werden. Mögliche Auswirkungen auf die Mission kann ich aus taktischen Gründen hier nicht beschreiben – es gibt jedoch für jedes Szenario eine entsprechende Strategie seitens UNIFIL. Unsere Soldaten sind Teil der Transporteinheit „Multi Role Logistic Unit“. Ihre Aufgaben umfassen:
Transport von Personal und Ausrüstung.
Bergen und Instandsetzen beschädigter UNIFIL-Fahrzeuge.
Versorgen der UN-Truppe mit Treibstoff.
Betreiben der Camp-Feuerwehr im Hauptquartier.
Unterstützen bei der Lagerhaltung im Hauptquartier.
Transport von Cargo-Gütern.
Was glauben Sie, wie es in der Region weitergeht?Der Konflikt zwischen „Der Achse des Widerstandes“ und Israel wird aus meiner persönlichen Beurteilung weiter gehen. Die eingesetzten Mittel beziehungsweise die Kampfführung aller Beteiligten ist nicht vorhersehbar oder einschätzbar. Wir planen mit dem schlechtesten Szenario, wenngleich wir auf eine diplomatische Lösung hoffen. Die UNIFIL-Mission wurde 1978 ins Leben gerufen, um Frieden und Sicherheit in der Region zu gewährleisten. Geben Sie diesem Ziel noch eine Chance?Die UN leistet einen unendlich wichtigen Beitrag im Libanon. Ohne der 10.000 Soldaten im Südlibanon wäre der Konflikt bereits zu einem Krieg eskaliert mit Tausenden zivilen Opfern auf beiden Seiten. Was lässt sich vor Ort beobachten, was in der westlichen Berichterstattung zu kurz kommt?Der unermüdliche Einsatz aller UNIFIL Soldaten.